Der faire Rat: Essen – Glücksmomente einfangen

Ein duftender Kräutertee oder ein Eis, das zart auf der Zunge schmilzt – Essen und Trinken bescheren uns zahlreiche glücksfördernde Erlebnisse. Wenn wir unsere Mahlzeiten achtsam zubereiten und beim Essen innehalten, können wir viele neue Glücksmomente entdecken, weiß Stephanie Fromme, Beraterin im Netzwerk Gesunde Ernährung.

Bewusst handeln

Immer dann, wenn wir „ganz bei Sinnen“ sind, befinden wir uns im Hier und Jetzt. Nehme ich gezielt wahr, was ich sehe, was ich höre, was ich rieche und schmecke, hat für diesen Augenblick nichts anderes Platz. Wertfrei wahrnehmen statt denken – das lässt den Kopf zur Ruhe kommen. Vom Einkaufen bis zum Abwaschen lassen sich Momente für eine solche Art der Kurzentspannung nutzen. Das braucht keine Extra-Zeit, aber bewusstes Innehalten. Statt beim Einkaufswagenholen gedanklich schon vor dem Gemüseregal zu stehen und die Kinder aus der Schule zurück vor der Tür stehen zu sehen, kann ich die innere Hektik unterbrechen und bewusst einfach auf das Rattern der Wagenrollen hören. Ich schiebe und sehe, dass sich die elektrische Tür öffnet. Ach, da ist ja die nette Kassiererin. Wir schenken uns ein Lächeln. Hmmm, der Duft vom Bäckershop erreicht mich. Ein flüchtiges Bild von sahniger Butter auf warmem Krustenbrot taucht auf. Ok, was brauche ich heute? Jetzt geht es schon ruhiger und konzentrierter.

Mit allen Sinnen genießen

Auch so etwas Simples wie „frischen Tee kochen“ kann zu einem meditativen Innehalten werden. Ich gehe morgens raus zur Kräuterspirale und schaue erst einmal, was nachgewachsen ist. Die Zitronenmelisse reckt sich mir entgegen. Beim Abzupfen steigt der Zitrusduft auf. Ich atme die Luft tief ein. Meine Sinne sind ruhig und offen. Ich höre ein paar Vögel zwitschern. Ich richte meine Aufmerksamkeit nach innen und merke, mein Hals fühlt sich etwas rau an. Also nehme ich noch eine Spitze vom Salbeistrauch. Für die Seele gebe ich noch ein paar Rosenblütenblätter dazu. Das Ganze hat nur wenige Minuten gedauert, mir aber einen sinnreichen Ruhemoment geschenkt. Und wenn ich später am Vormittag den Tee trinke, erinnere ich mich an diesen schönen Moment. Natürlich beginnt nicht jeder Tag so. Aber solche Momente ab und zu in den Alltag gestreut, wirken nach.

Kochen befriedigt

In Ruhe etwas zu kochen befriedigt: Es stimmt friedlich und macht zufrieden. So wie wir heute leben, haben wir nicht mehr viele Möglichkeiten, ein direktes Ergebnis unseres Tuns zu erfahren. Im Auswählen und Zubereiten von Lebensmitteln ist unmittelbar erlebbar, was ich selbst bewirkt habe. Selbstwirksamkeit zu spüren, steckt auch in dem Trend, Marmelade zu kochen oder etwas anzubauen – und sei es die Kresse auf der Fensterbank. Ich habe etwas in Gang gesetzt, mich gekümmert, ich ernte und freue mich über das Gelingen. Dadurch entsteht eine besondere Beziehung zum Ergebnis. So erhält auch die Alltagsroutine in der Familienverpflegung wieder Sinn und Bedeutung: Ich versorge mich, meine Familie oder Freunde. Ich trage dazu bei, mich und andere zu nähren – mit guten Lebensmitteln, mit meiner Zeit und Zuwendung, die im Zubereiten liegen.

Gemeinsam Essen schafft Glücksmomente

Essen und Trinken bringt Menschen zusammen. „Gemeinsam zu essen ist einer der ursprünglichsten Wege, mit anderen eine Verbindung einzugehen“, schreibt der amerikanische Zen-Mönch und Koch Edward Espe Brown. Es fördert Kommunikation, zwanglosen Austausch und stiftet Gemeinschaft. Dazu bedarf es keiner kulinarischen Höhenflüge. Das Gute liegt oft im Einfachen. Die vollreifen, fruchtigen Tomaten aus dem eigenen Pflanzkübel oder vom Markt, mit wenig Zwiebeln in gutem Olivenöl gedünstet, abgerundet mit etwas Honig, Pfeffer, Salz und ein paar Blättern frischem Basilikum. Dazu ein knusprig-frisches Ciabatta …. Mehr braucht es nicht, um Glück zu schmecken. „Mancher Hunger kann nicht durch Essen gestillt werden, aber gut zu essen, zeigt einem, dass die Welt sich um einen kümmert“, sagt Edward Espe Brown. Wenn ich erkenne, dass mein Essen anderen schmeckt, anderen gut tut, wirkt es auf mich zurück und macht auf einfache, tiefe Art zufrieden. Auch das ist Glück.

Stephanie Fromme, www.essen-und-leben.com