Fleisch und Wurst erzeugen Krebs: Diese schwer verdauliche Meldung der Internationalen Agentur für Krebsforschung sorgt derzeit für reichlich Aufregung. Dabei sind die Zusammenhänge nicht wirklich neu. Es lohnt sich, einmal genau anzusehen, was die Experten herausgefunden haben.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung, kurz IARC (International Agency for Research on Cancer) ist eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sitz im französischen Lyon. Seit 1971 untersucht sie im Auftrag der WHO den Einfluss verschiedener Umweltfaktoren auf die Krebsentstehung. In sogenannten Monografien beurteilt sie das Krebsrisiko der untersuchten Stoffe in fünf Kategorien: 1 krebserregend, 2a wahrscheinlich karzinogen, 2b möglicherweise karzinogen bis zu 3 nicht eingestuft und 4 wahrscheinlich nicht krebserregend. Für die aktuelle Bewertung von Fleisch und Wurstwaren haben 22 Experten aus zehn Ländern über 800 Studien herangezogen.
Nach Durchsicht des geballten Wissens kommen die Experten zu dem Schluss, dass rotes Fleisch wahrscheinlich und verarbeitetes Fleisch sicher das Risiko für Krebs erhöhen. Allerdings steigt nur die Gefahr für Darmkrebs. Bis auf vereinzelte Hinweise auf Prostata-, Pankreas- und Magenkrebs, fanden sie in den Untersuchungen keine Hinweise für andere Krebsarten. Der Begriff rotes Fleisch bezeichnet alle Arten von Muskelfleisch von Säugetieren wie Rind, Schwein, Schaf und Ziege. Zu verarbeitetem Fleisch zählen die Experten gesalzenes, geräuchertes, gepökeltes, fermentiertes und ähnlich behandeltes Fleisch, beispielsweise Würstchen, Schinken oder Corned Beef. Neben Rind, Schwein, Schaf und Ziege können hier auch Geflügel oder Blut verarbeitet sein. Dabei ist das Krebsrisiko abhängig von der verzehrten Menge. Je mehr Wurst pro Tag gegessen wird, desto höher ist das Risiko. Die Autoren stufen verarbeitetes Fleisch zwar in die höchste Kategorie ein, betonen aber gleichzeitig, dass die Häufigkeit durch Wurst Krebs zu bekommen wesentlich geringer ist als durch Tabakrauch, Luftverschmutzung oder Asbest. Einen völligen Verzicht von Fleisch und Wurst empfiehlt die IARC daher nicht. Sie macht aber auch keine Angaben, wieviel tierische Produkte höchstens auf den Tisch kommen sollten.
Durch welchen Mechanismus Fleisch und Wurst krebserregend wirken, verraten die vorliegenden Studien nicht. Die Autoren zählen eine Reihe von Faktoren auf, die möglicherweise eine Rolle spielen. Dazu gehören der hohe Eisengehalt von Fleisch sowie die beim Grillen, Braten, Frittieren und Pökeln entstehenden krebserregenden Verbindungen. Mit ihren Aussagen will die Internationale Krebsagentur auch Länder mit steigendem Fleischkonsum wie Indien oder China auf die Problematik hinweisen. Die Monografien sollen Regierungen eine Grundlage bieten, um nationale Verzehrsempfehlungen aufzustellen.
KD