Ob Kürbis, Kraut oder Bohnen – fast alle Gemüse lassen sich im Glas fermentieren. Milchsäurebakterien machen das rohe Gemüse haltbar und sorgen das ganze Jahr für Superfood.
Das milchsaure Einlegen hat eine lange Tradition. Nachdem es bei uns einige Jahre in Vergessenheit geraten war, ist es heute durch Foodblogs und aktuelle Kochbücher wieder im Aufwind. Dabei werden alte Zubereitungen wiederentdeckt. Viele schauen aber auch über den Tellerrand auf andere Esskulturen und verfeinern traditionelle Rezepte mit neuen Gemüsen und Gewürzen. Wer Spaß am Kochen hat und gerne in der Küche experimentiert, kann mit fermentierten Gemüsen eine neue kulinarische Welt entdecken. Das Prinzip des Fermentierens ist ganz einfach: Frisches Gemüse putzen und zerkleinern, mit Salz in ein Glas schichten und mit Wasser bedeckt eine Woche stehen lassen. Milchsäurebakterien verstoffwechseln unter Sauerstoffausschluss den in den eingelegten Gemüsen enthaltenen Zucker. Verderbnisbakterien, Hefen und Schimmelpilze werden nach und nach verdrängt. Das zunehmend saure Milieu und der Sauerstoffmangel entziehen ihnen die Lebensgrundlage. So werden Lebensmittel, die normalerweise vergären oder verschimmeln, durch die Säure haltbar. Unterstützt wird das Verfahren noch durch die Zugabe von Salz.
Von Bohnen über Kürbis bis Zucchini
Zum Fermentieren sind fast alle Gemüsearten geeignet. Mischungen verschiedener Gemüse haben den Vorteil, dass sie besser gären, da sie den Milchsäurebakterien ein größeres Nahrungsspektrum bieten. Zum Einstieg können Sie sehr gut Wurzelgemüse wie Möhren, Rote Bete, Rettich und Radieschen nehmen, auch Gemüsefenchel, Zwiebeln oder verschiedene Kohlsorten eignen sich. Um die richtige Säure und Konsistenz zu bekommen, benötigen Kürbis, Gurken und Bohnen etwas Erfahrung. Letztere müssen Sie vor dem Einlegen etwa sechs bis acht Minuten kochen, damit sie bekömmlich sind.
Da für das Fermentieren Milchsäurebakterien benötigt werden, die in der Luft und auf dem Gemüse vorkommen, sollten Sie das Gemüse zwar mit kaltem Wasser abspülen und putzen, jedoch nicht zu intensiv reinigen. Auf welche Größe Sie das Gemüse anschließend zerkleinern, hängt von der Sorte und eigenen Vorlieben ab. Durch das Fermentieren wird die Konsistenz des Gemüses weicher. Weniger feste Sorten wie Kürbis, Radieschen, Zwiebeln oder Zucchini geraten dann schnell zu schlaff, wenn Sie diese fein reiben. Hier sind Stifte, breitere Scheiben oder geviertelte Stücke besser. Harte Wurzelgemüse und einige Kohlsorten gelingen gerieben oder in feine Scheiben geschnitten am besten.
Rohkost mit Salz und Wasser ins Glas
Gläser mit einem Liter Inhalt befüllen Sie mit etwa 600 bis 900 Gramm Gemüse. Fein geriebenes Gemüse, das auch noch mit Salz geknetet wurde, lässt sich enger einschichten, da es mehr Zellflüssigkeit abgibt als gröbere Stücke. Für die Salzzugabe richtet man sich nach dem jeweiligen Rezept. Als Faustregel gilt: 10 Gramm Salz pro Kilo Gemüse oder 25 Gramm Salz auf einen Liter Wasser. Wichtig: Nehmen Sie jodiertes Salz ohne weitere Zusätze, sie können die Fermentation stören.
Füllen Sie die Gläser etwa zu zwei Drittel mit dem zerkleinerten Gemüse und bedecken Sie es mindestens zwei bis drei Zentimeter hoch mit Gemüsesaft oder Salzwasser, damit es luftdicht abgeschlossen ist. Lassen Sie über der Flüssigkeit noch weitere zwei Zentimeter Platz. Da das aufsteigende Gas auch das Gemüse im Glas lockert und zum Aufsteigen bringen kann, beschweren Sie es. Während des Fermentierens bleibt der Gefäßdeckel nur locker verschlossen, damit das entstehende Kohlendioxid entweichen kann. Das Gemüse bleibt etwa eine Woche bei Zimmertemperatur stehen. Einige Gemüsearten wie Möhren, Radieschen oder Fenchel haben dann schon einen angenehm säuerlichen Geschmack angenommen und können bereits verzehrt werden. Bei Weißkraut, Roter Bete, ganzen Gürkchen und anderen Sorten kann die Reifezeit mehrere Wochen betragen.
Grundausstattung für Einsteiger:innen
Zu Großmutters Zeiten wurde Weißkraut und anderes Gemüse noch in großen Gärtöpfen zum Fermentieren eingeschichtet. Gute Ergebnisse erreichen Sie auch mit Schraub- und Einmachgläsern ab einem halben Liter Fassungsvermögen. Wichtig ist eine möglichst große Öffnung. Um das Gemüse zu beschweren, bieten sich Tellerchen oder dickere Untersetzer aus Glas oder Porzellan an, die in die Öffnung des Einlegeglases passen. Zum zusätzlichen Beschweren und als Abstandhalter zwischen Deckel und Gemüse sind kleine, flache Glasschälchen oder -blöcke hilfreich.
Zur Grundausstattung gehört auch eine gute Küchenreibe. Für größere Mengen erleichtert Ihnen eine Küchenmaschine mit Schnitzelwerk das Zerkleinern des Gemüses. Bevor Sie mit dem Einlegen beginnen, sollten Sie alle Utensilien mit kochendem Wasser sterilisieren.
Mit ganzen Körnern und Zweigen würzen
Ein intensives und einzigartiges Aroma erzielen Sie durch die Beigabe von Gewürzen. Am besten nehmen Sie ganze Körner oder Zweiglein, da Pulver oder Blättchen im Glas oben schwimmen und so mit Sauerstoff in Berührung kommen. Gut geeignet sind Körner zum Beispiel von Koriander, Kreuzkümmel oder Senf. Für Abwechslung sorgen zudem Scheibchen von Chili, Ingwer und Meerrettich oder frische Zweige von Bohnenkraut, Dill oder Rosmarin. Milchsaures Gemüse eignet sich solo als kleine Rohkostportion, aber auch als Bestandteil von Salaten, als Topping von Suppen oder als Belag von herzhaft-saftigen Sandwiches. Obendrein unterstützt das unerhitzte Gemüse mit Hilfe der Milchsäurebakterien die Darmflora und stärkt das Immunsystem.
Dörte Petersen, gekürzt aus UGBforum 5/18
Buchtipp Claudia Lorenz-Ladener: Milchsauer eingelegt. Gemüse gesund und einfach fermentieren. Staufen bei Freiburg: ökobuch Verlag, 7. Aufl. 2021. 16,95 Euro© Bild:svetazarzamora/123RF