Das Wohlbefinden fördern und den Blick für die positiven Dinge in unserem Leben schärfen – dazu kann Dankbarkeit beitragen. Das Gute daran: Eine dankbare Grundhaltung lässt sich lernen.
Dankbare Menschen sind zufriedener und meist glücklicher und optimistischer. Das sagen Vertreter:innen der sogenannten Positiven Psychologie, einem relativ neuen Forschungsgebiet innerhalb der Psychologie. Es widmet sich der Frage, was das Leben lebenswert macht und interessiert sich im Gegensatz zu klassischen psychotherapeutischen Sichtweisen für menschliche Stärken und angenehme Emotionen.
Wohltaten anerkennen
Wir Menschen leben von und mit günstigen Voraussetzungen, die wir nicht selbst geschaffen haben, sondern, die uns zuteilwerden. Diese Voraussetzungen oder Wohltaten führen manche auf ihre Mitmenschen zurück, andere auf göttliche Wesen und wieder andere einfach auf die sie umgebende Welt. Im weitesten Sinnen kann die bewusste Anerkennung, dass man diese Wohltaten empfängt, als Dankbarkeit bezeichnet werden. Dankbarkeit ist eine Haltung der Anerkennung. Sie kann dabei als flüchtige Emotion oder als Persönlichkeitsmerkmal gesehen werden. Dankbarkeit als Emotion bedeutet zum einen das freudvolle Entgegennehmen einer Gabe, zum anderen, die gute Absicht des Gebers zu erkennen und sich bei ihm mit Worten oder sogar einer Gegengabe zu bedanken. Dankbarkeit als Persönlichkeitsmerkmal ist nach dem britischen Psychologen Alex M. Wood dagegen „Teil einer umfassenden Lebensorientierung, das Positive in der Welt wahrzunehmen und wertzuschätzen“. Zahlreiche Studien konnten Zusammenhänge zwischen Gesundheit und Dankbarkeit als Persönlichkeitsmerkmal nachweisen: Dankbare Menschen leiden weniger an allgemeiner depressiver Verstimmung, grübeln und sorgen sich weniger und haben ein anderes Stressempfinden am Arbeitsplatz. Menschen mit einer dankbaren Grundhaltung schlafen zudem besser und können mit Mängeln und Makeln gelassener umgehen. Dankbarkeit stärkt auch soziale Beziehungen: Dankbare Menschen verhalten sich hilfsbereiter, sind mit Beziehungen zufriedener und fühlen sich sozial verbundener.
Positive Aufwärtsspirale
Dankbarkeit als Grundhaltung trägt demnach maßgeblich zu Wohlbefinden und psychischer Gesundheit bei. Die Positive Psychologie erklärt das mit der Broaden-and-Build-Theorie. Sie basiert auf der Annahme, dass positive Emotionen wie Dankbarkeit, Freude oder Hoffnung das Denken, Erleben und Handeln von Menschen verändern und geistige Flexibilität, Kreativität und Widerstandskraft fördern. Wer regelmäßig positive Emotionen erlebt, entwickelt folglich bleibende persönliche Ressourcen und bleibt auf lange Sicht emotional gesund. Je mehr positive Gefühle wir empfinden, umso mehr öffnen wir uns für weitere positive Momente. Wir befinden uns in einer positiven Aufwärtsspirale. Sich in Dankbarkeit zu üben, kann eine Psychotherapie beispielsweise bei Depressionen jedoch nicht ersetzen. Auch negative Emotionen wie Wut, Trauer und Enttäuschung sollten nicht übergangen werden; sie haben weiterhin ihre Berechtigung. Denn: In bestimmten Lebenslagen oder bei psychischen Erkrankungen kann das Thema Dankbarkeit zu einer enormen Herausforderung werden. Dankbarkeit kann seine wohltuende Wirkung am besten entfalten, wenn sie in einer inneren Freiheit und tief empfundenen Anerkennung des Guten praktiziert wird.
Dankbarkeit lernen
Jede:r kann eine dankbare Grundhaltung erlernen. Dabei gibt es drei Ansätze, um das Empfinden von Dankbarkeit zu beeinflussen. Der erste beinhaltet das tägliche oder einmal wöchentliche Aufschreiben von Dingen, für die man dankbar ist. Die zweite Möglichkeit besteht darin, im Gebet oder während einer Meditation besonderen Momenten, für die man dankbar war, bewusst nachzuspüren. Als Drittes kann man Dankbarkeit auch durch konkretes Verhalten ausdrücken. Man kann zum Beispiel einen Dankesbrief schreiben, einen Dankbesuch abstatten oder ein Gebet sprechen. Über das Praktizieren stellt sich irgendwann das Wohlbefinden ein.
Sich selbst stärken
Dankbarkeit ist oft eng mit dem Gefühl der Freude verbunden. Dieser Ausdruck zu geben, beispielsweise einfach andern mal zu erzählen, wofür wir dankbar sind, kann dazu führen, dass man Dankbarkeit leichter empfindet. Letztendlich ist Dankbarkeit damit verbunden, sie auch aktiv auszudrücken. Es ist also wichtig, zu der geistigen Komponente „ich bin dankbar und bemerke das“ noch Emotion und Handlung miteinzubeziehen. Wer dies umsetzt, kann ein wohltuendes ganzheitliches Dankbarkeitserlebnis haben. So kann es gelingen, Dankbarkeit als Lebenshaltung in einem gesunden Maß zu verinnerlichen und das positive Gefühl im Alltag zu verankern. Wofür sind Sie dankbar?
Henning Freund, gekürzt aus UGBforum 6/18
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