Plastiktüten: Stoff und Papier nicht immer besser

Plastik hat einen schlechten Ruf. Doch sind Papiertüten, Bioplastik oder Stoffbeutel wirklich immer nachhaltigere Alternativen?

„Die Mehrfachverwendung ist relevanter als das Material, wenn es um die Umweltwirkungen geht“, sagt Lukas Sattlegger, Verpackungsexperte in der Forschungsgruppe PlastX am Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). In Bezug auf die Ökobilanz ist ein direkter Vergleich der verschiedenen Materialien schwierig.

Eine Untersuchung der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Zürich zeigte, dass eine Plastiktüte aus mindestens 80 Prozent Recyclingmaterial – erkennbar am Siegel „Blauer Engel“ – den anderen Materialien in puncto Ökobilanz überlegen ist. Die Studie ergab aber auch, dass eine Papiertüte nach mehrfacher Wiederverwendung mit biobasiertem Kunststoff gleich auf ist. Damit sie möglichst reißfest sind, werden Papiertragetaschen aus frischen Holzfasern hergestellt. Anders ist das bei Lebensmittelverpackungen, die oftmals aus einem gewissen Anteil Recyclingpapier bestehen. Sie sparen Energie und Wasser ein, können allerdings unerwünschte Stoffe wie Mineralölrückstände aus Druckfarben oder Bisphenol A aus Kassenbons enthalten. Damit sind sie zwar nachhaltiger als Plastikverpackungen, unter Umständen allerdings gesundheitlich bedenklich. Ein Stoffbeutel nimmt es laut Empa mit der Plastiktüte aus Rezyklat erst auf, wenn er 83-mal wiederverwendet wird.

Biokunststoff verbraucht Ackerfläche

Die Anzahl verschiedener Biokunststoffe ist kaum zu überblicken. Bioplastik kann aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, kompostierbar sein oder beide Eigenschaften vereinen. Daher unterscheiden sich die Umweltwirkungen. Als Ausgangsmaterial dienen in der Regel Mais, Zuckerrohr sowie Zellulose aus Baumwollfasern oder Holz. Das Tückische ist jedoch: Der biobasierte Anteil liegt nicht zwingend bei 100 Prozent. In diesem Fall besteht der Rest aus Mineralölbestandteilen. Da der Anbau von Mais und Zuckerrohr die Ernährungssituation in den herstellenden Ländern beeinflussen kann, stellt sich die Frage der Nachhaltigkeit von Bioplastik.

Was die Ökobilanzen angeht, schneiden biobasierte Kunststoffe in den Kategorien Klimawandel und Energieverbrauch besser ab als fossile Kunststoffe. In den meisten anderen Kategorien wie Landnutzung, Wasserverbrauch sowie der Belastung von Böden und Wasser in der Regel schlechter, wie eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft aufzeigt. Werden biobasierte Kunststoffe als Verpackungsmaterialien verwendet, können sie im Gelben Sack entsorgt die Recyclingprozesse herkömmlicher Kunststoffe beeinträchtigen.

Kein Bioplastik für den Komposteimer

Zwar gut gemeint, aber nicht zielführend ist die Tüte aus Bioplastik für den Komposteimer. Sie wird – weil zu dem Zeitpunkt noch nicht zersetzt – im Kompostierwerk genauso aussortiert wie nicht-kompostierbare Tüten und landet am Ende in der Müllverbrennung. Bezogen auf Lebensmittelverpackungen gilt daher: Am besten zu loser Ware greifen und eine eigene Mehrwegtasche oder ein Aufbewahrungsbehältnis zum Beispiel für die Käsetheke dabei haben.

Daniela Milosevic; UGBforum 1/21, S. 46

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