Eisen – pflanzliche Quellen besser als gedacht

Eisenmangel ist weltweit betrachtet mit Abstand der häufigste Nährstoffmangel. Möglicherweise gibt es Entwarnung für Menschen, die sich teilweise oder ausschließlich pflanzlich ernähren. Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass pflanzliches Eisen besser verfügbar ist als ursprünglich gedacht.

Etwa ein bis zwei Milliarden Menschen weltweit sind mit Eisen unterversorgt. Betroffen sind häufig Kinder, Frauen vor der Menopause und Schwangere in den Ländern des globalen Südens. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betont jedoch, dass Eisen der einzige Nährstoff ist, bei dem auch in Industrieländern die Versorgung problematisch ist.

Effektives Recycling im Stoffwechsel

Eisen kommt in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor. Der Organismus benötigt das wichtige Metall vor allem zur Blutbildung. Als Zentralatom des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin sorgt es dafür, dass der Sauerstoff, den wir einatmen, im Blut gebunden und zu den Körperzellen transportiert wird. Eisen spielt zudem eine Rolle in der Bildung des Muskelproteins Myoglobin und ist als Bestandteil einer Vielzahl an Enzymen für verschiedenste Stoffwechselprozesse lebens- und damit zufuhrnotwendig. Für diese Stoffwechselprozesse werden täglich ungefähr 25 Milligramm (mg) Eisen umgesetzt. Der Körper verwendet dafür ein ausgeklügeltes Recyclingsystem. Alte Erythrozyten (rote Blutkörperchen) werden abgebaut und das freiwerdende Eisen zur Neubildung verwendet. Der tägliche Eisenverlust wird auf lediglich 1-2 mg geschätzt, hauptsächlich über das Ablösen eisenhaltiger Darmzellen. Die Fachgesellschaften für Ernährung haben sich auf eine Zufuhrempfehlung von 10 mg pro Tag für Männer und 15 mg für Frauen im Erwachsenenalter verständigt. Diese Werte liegen weit über den täglichen Verlusten, da die eingeschränkte Bioverfügbarkeit aus Lebensmitteln bereits einberechnet ist.

Bestimmung der Versorgung

Im Körper wird das Eisen aus der Nahrung hauptsächlich in Form von Ferritin gespeichert, das sind große Proteinmoleküle mit bis zu 4000 Eisen-Ionen. Als Zielwert für eine adäquate Versorgung mit ausreichend gefüllten Speichern gilt ein Ferritingehalt im Serum von mindestens 15 Mikrogramm (µg) pro Liter Blut. Der Hämoglobinspiegel (Hb) eignet sich hingegen weniger zur Beurteilung des Eisenspeichers, sondern zeigt lediglich eine Momentaufnahme. Der Spiegel des Eisen-Transportproteins Transferrin oder dessen Rezeptor liefern ein besseres Bild des Versorgungsstatus. Der Körper reguliert die Bindungskapazität dieser Proteine bei einem Eisenmangel deutlich höher. Denn bei niedrigen Eisenspeichern besitzt der Organismus effektive Anpassungsmechanismen. Die Absorption kann dann auf bis zu 35 Prozent gesteigert werden.

Mangel erst spät erkennbar

Symptome eines Eisenmangels zeigen sich erst relativ spät. Bei einem latenten Mangel spüren Betroffene trotz erschöpfter Speicher und niedrigen Ferritingehalten noch keine deutlichen Einschränkungen. Erst im Stadium des sogenannten manifesten Eisenmangels mit Veränderung der roten Blutkörperchen sind durch die verminderte Sauerstoffbindung und -versorgung Symptome spürbar. Diese sind jedoch ebenso vielfältig wie unspezifisch: Neben Müdigkeit und Erschöpfungsgefühl können auch eine erhöhte Infektanfälligkeit, trockene Haut sowie eine gestörte Thermoregulation Anzeichen für eine Mangelsymptomatik sein. Eine Abklärung und eine gegebenenfalls anschließende Therapie müssen von ärztlicher Seite folgen. Die zeitweise Einnahme von Eisenpräparaten oder angereicherten Säften unter regelmäßiger Kontrolle der Blutwerte kann dann erforderlich sein.

Zu viel Eisen ist schädlich

Auf eigene Faust oder prophylaktisch sollten Eisenpräparate jedoch nicht eingenommen werden. So haben Studien gezeigt, dass eine über den Bedarf hinausgehende Nährstoffergänzung keine gesundheitlichen Vorteile bringt. Das Gegenteil ist der Fall. Ein hoher Eisenstatus wird sogar mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und einigen Krebsformen in Verbindung gebracht. Die exakten Zusammenhänge sind noch nicht abschließend erforscht. Im Überschuss stellt das Spurenelement durch seine oxidativen Eigenschaften eine Bedrohung für Körperzellen dar. Indem Eisen-Ionen die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) fördern, können sie Zellschäden verursachen und die Funktion von Geweben und Organen beeinträchtigen. Dabei ist offenbar vor allem Häm-Eisen beteiligt.

Eisensupplemente nicht auf eigene Faust

Aus diesem Grund sieht man inzwischen davon ab, hoch dosierte Eisenpräparate über einen längeren Zeitraum zu verabreichen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) legte im Juni 2024 eine Obergrenze für die tägliche Eisenzufuhr von 40 mg pro Tag fest. Männer, Frauen nach der Menopause und Schwangere sollten mit entsprechenden Hinweisen vor der Einnahme gewarnt werden. Eine Anreicherung in Lebensmitteln lehnen die Risikoexpert:innen ab. Dennoch gibt es in jedem Supermarkt eisenhaltige Nahrungsergänzungen und mit Eisen angereicherte Lebensmittel zu kaufen.

Höherer Bedarf in der Schwangerschaft

Besondere Aufmerksamkeit bezüglich der Eisenversorgung gilt Schwangeren und Stillenden. Ihr Eisenbedarf steigt stark an, die tägliche Zufuhrempfehlung ist deshalb auf 30 mg pro Tag verdoppelt. Früher wurde Schwangeren häufig eine prophylaktische Einnahme von Eisenpräparaten empfohlen. Aufgrund neuer Erkenntnisse raten Expert:innen jedoch von einer generellen Nährstoffergänzung ab. Denn diese birgt auch mögliche Risiken. So tritt beispielsweise schwangerschaftsinduzierter Bluthochdruck häufig gemeinsam mit einem hohen Hämoglobinwert auf. Zudem gibt es Hinweise, dass zusätzliche Eisenaufnahmen bei gut versorgten Schwangeren das Risiko für Frühgeburten und niedriges Geburtsgewicht erhöhen können. Darüber hinaus ist bekannt, dass der Körper einer Schwangeren die Eisenaufnahme auf das Zwei- bis Dreifache steigern kann. Liegt zusätzlich ein Eisendefizit vor, kann sich die Rate sogar auf über 70 Prozent erhöhen. Demnach scheint es für Schwangere ratsam, zunächst auf eine bedarfsgerechte Eisenzufuhr über die Nahrung zu achten und erst bei einer diagnostizierten Unterversorgung zu Nahrungsergänzungen zu greifen. Gleiches gilt für stillende Frauen, denen eine Zufuhr von 20 mg Eisen empfohlen wird.

Aus Pflanzen schlechter verfügbar?

Eisen liegt in der Nahrung in verschiedenen Formen vor. Tierische Lebensmittel enthalten gut verfügbares zweiwertiges Eisen (Fe2+) als Häm-Eisen; der Körper kann davon etwa 10-20 Prozent aufnehmen. Dreiwertiges Nicht-Häm-Eisen (Fe3+) kommt überwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln vor und hat nur eine Absorptionsarte von 3-8 Prozent. Bei einer üblichen Mischkost gehen Expert:innen bislang von einer Absorptionsrate von 10-15 Prozent aus. Die Bioverfügbarkeit hängt aber nicht nur davon ab, ob es sich um zwei- oder dreiwertiges Eisen handelt; sondern es kommt in besonderem Maße auf den Gehalt an fördernden oder hemmenden Faktoren in der Nahrung an. So lässt sich die geringere Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln durch einfache Maßnahmen deutlich erhöhen, wie etwa Vitamin-C-reiche Lebensmittel oder organische Säuren wie Zitronensäure im Essen. Dabei wird das schlecht resorbierbare Fe3+ in gut aufzunehmendes Fe2+ umgewandelt. So steigert beispielsweise ein Glas Orangensaft die Resorption von Nicht-Häm-Eisen um das 2,5-fache. Neue Erkenntnisse legen zudem nahe, dass es einen eigenständigen Transportweg für Ferritin aus pflanzlichen Lebensmitteln gibt.

Transporter für pflanzliches Eisen entdeckt

Wissenschaftler:innen haben ein neues Transportsystem für sogenanntes Phyto-Eisen entdeckt, das heißt Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln. So legen die Resultate verschiedener Forschungsgruppen nahe, dass das Spurenelement nicht nur als Häm-Eisen oder in Ionenform absorbiert wird, sondern auch in seiner Speicherform Ferritin. Ein Ferritinmolekül beherbergt in seiner Proteinhülle bis zu 4000 Eisen-Ionen und hat offenbar wie das Häm-Eisen aus tierischen Lebensmitteln einen direkten Zugangsweg zur Darmzelle, einen sogenannten Ferritin-Port. Bei der Aufnahme scheint das pflanzliche Ferritin-Eisen intakt zu bleiben. So können nicht nur sehr viele Eisen-Ionen auf einmal aufgenommen werden, auch die Aufnahme selbst wird nicht von Hemmstoffen beeinträchtigt. Über den Ferritin-Transporter scheint die Aufnahme und Freisetzung des Eisens außerdem langsamer zu erfolgen. In den Zufuhrempfehlungen sind diese Erkenntnisse bisher nicht berücksichtigt.

Hemmende Substanzen ausschalten

Ein Teil des Eisens aus pflanzlichen Lebensmitteln liegt nicht in gebundener Form, sondern als freies Ion vor. Daher kann es im Dünndarm leicht von anderen Nahrungsbestandteilen gebunden werden, was eine Aufnahme durch die Darmwandzellen erschwert. Besonders die sekundären Pflanzenstoffe Phytinsäure und Polyphenole können den Mineralstoff binden. Die hemmenden Substanzen können jedoch über gewisse Zubereitungs- oder Verarbeitungsweisen ausgeschaltet werden. So hilft es, Getreide und Hülsenfrüchte vor der Zubereitung einzuweichen oder keimen zu lassen. Auch Erhitzen und Fermentieren reduziert den Phytinsäuregehalt. Polyphenolreiche Getränke wie Kaffee oder Tee werden am besten zwischen statt zu den Mahlzeiten getrunken; Milch und Milchprodukte stören durch ihren hohen Calciumgehalt die Eisenaufnahme. Eine höhere Aufnahmekapazität liegt zudem vor, wenn statt einer einzigen sehr eisenreichen Mahlzeit mehrere kleinere eisenreiche Portionen auf den Tisch kommen.

Tierische Lebensmittel nicht zwingend nötig

Mischkost ist einer vegetarischen oder pflanzenbasierten Ernährungsweise in Bezug auf die Eisenversorgung nicht zwangsläufig überlegen. Zwar nehmen Personen, die tierische Produkte verzehren, mehr gut verfügbares hämgebundenes Eisen auf. Besonders eisenreich sind allerdings nur Innereien wie Leber oder Blut. Muskelfleisch und Fleischprodukte sind dagegen nicht per se gute Eisenlieferanten. Vergleicht man die Werte, so entspricht der Eisengehalt einer Portion verzehrfertiger Linsen der einer gleich großen Portion Schweine- oder Rindfleisch. Besonders gute pflanzliche Eisenquellen sind zum einen Saaten (wie Sesam, Leinsamen) und Nüsse wie Mandeln oder Haselnüsse, aber auch Vollkorngetreide, zum Beispiel in Form von Hafer- oder Hirseflocken. Pseudogetreide wie Buchweizen, Quinoa und Amaranth sind weitere geeignete Eisenlieferanten, die zudem auch in größeren Portionen verzehrt werden können. Hülsenfrüchte wie Linsen, Sojabohnen und Kichererbsen weisen mittlere Eisengehalte auf, gefolgt von dunklem Blattgemüse wie Spinat, Grünkohl oder Rucola.

Eisenreiches geschickt zusammenstellen

Bei einer bewussten Zusammenstellung eisenreicher Lebensmittel lässt sich die Versorgung mit dem wichtigen Spurenelement sehr gut bewerkstelligen. Auch bei einer reinen oder überwiegend pflanzenbasierten Ernährung gelingt eine ausreichende Eisenversorgung, wenn die fördernden und hemmenden Einflussfaktoren berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, häufig eisenreiche Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Pseudogetreide sowie Nüsse und Samen in die Alltagskost einzubauen. Vor allem Mädchen und junge Frauen sollten künftig noch besser darüber aufgeklärt werden, um ihre öfter unzureichende Versorgungslage zu verbessern.

Silvi Schlötzer, gekürzt und aktualisiert aus UGBforum 5/22

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