Der faire Rat: Nahrung und Gesundheit sichern

Fast eine Milliarde Menschen auf der Welt leiden an Hunger, gleichzeitig sind bis zu zwei Milliarden übergewichtig. Die seit Jahrzehnten ergriffenen Maßnahmen zur Lösung dieser beiden Probleme haben bisher nicht gefruchtet, weil sie nicht nachhaltig sind. Dabei können beide Formen der Fehlernährung mit nachhaltiger Vollwert-Ernährung elegant gelöst werden. Davon ist der angesehene Ernährungsexperte Prof. Claus Leitzmann überzeugt.

Verantwortung wahrnehmen

Die globale Ernährungssituation hat zwei Gesichter. Einerseits wurde weltweit noch nie so viel Nahrung erzeugt – aber auch weggeworfen – wie heute. Andererseits gab es noch nie so viele Hungernde und zugleich noch mehr Übergewichtige. Eine bisher viel zu wenig genutzte Lösung des doppelten Welternährungsproblems ist die Umsetzung einer nachhaltigen Ernährung. Nachhaltig bedeutet, dass alle Einflüsse der Ernährung auf Gesundheit, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft berücksichtigt werden.
Obwohl es am effektivsten ist, die Lösung der Welternährungsproblematik von allen Menschen gleichzeitig anzugehen, so haben doch die klassischen Industrieländer – also wir – eine Vorreiterrolle zu spielen. Wir haben über einen langen Zeitraum unsere Führungsposition in der Welt zu unserem Vorteil genutzt und wurden – unverdienterweise – zum Vorbild für viele andere Länder. Gerade im Bereich Ernährung sind wir aber bisher kein gutes Beispiel. Wenn alle Erdenbürger unser Ess- und Konsumverhalten praktizieren würden, wäre der schnelle Kollaps unserer Lebensgrundlagen unvermeidbar. Denn was wir essen und trinken, bestimmt die Welternährungslage und hat Einfluss auf unsere Gesundheit und Umwelt sowie auf die Hungernden in der Welt, von den Tieren in der Massentierhaltung ganz zu schweigen.

Weniger ist mehr

Die erste Maßnahme zur Verbesserung der Ernährungssituation besteht darin, die Nahrungsmenge zu reduzieren, die verzehrt und getrunken oder auch weggeworfen wird. Dabei hat die weitaus größte Wirkung, wenn weniger tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milchprodukte und Eier auf den Teller kommen. Der körperlich meist inaktive Wohlstandbürger isst oft noch so wie die früher schwer arbeitenden Menschen in Landwirtschaft, Handwerk, Bergbau und Industrie. Eine jahrelange zu üppige Ernährung erzeugt Übergewicht und begünstigt eine Reihe gravierender Folgekrankheiten. Mit einer bedarfsgerechten Vollwert-Ernährung, besonders in ihrer vegetarischen Variante, könnten diese verringert werden.

Aus fairem Handel

Die zweite effektive Maßnahme besteht im Kauf von Erzeugnissen aus fairem Handel. Neben einer gerechten Weltwirtschaftsordnung ist fairer Handel entscheidend, um mittelfristig die armen und von Hunger betroffenen Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Dabei sind lokale Strategien immer dann erfolgversprechend, wenn die Menschen direkt davon profitieren, beispielsweise durch garantierte Mindestpreise oder Sozialleistungen. Externe politische Interventionen werden als Eingriffe in nationale Angelegenheiten gewertet, sie sind daher unerwünscht.

Vollwert für alle

Es zeigt sich, dass es (fast) eine Patentlösung für die beiden Formen der globalen Fehlernährung gibt, nämlich die einfache Konzeption der Vollwert-Ernährung, möglichst als vegetarische Variante. Wer saisonale, pflanzliche Lebensmittel bevorzugt, die nur gering verarbeitet sind und aus ökologischer sowie regionaler Erzeugung stammen, tut nicht nur sich selbst, sondern auch seiner Umwelt viel Gutes. Aus gesundheitlichen, ökonomischen, ökologischen, sozialen und ethischen Gründen lohnt sich diese Umstellung zum Wohle der Mitwelt, Umwelt und Nachwelt. Alle können mitmachen und es kann sofort gehandelt werden nach dem Motto: "Alle Diskussionen ohne Aktionen bleiben Illusionen."