Unterstützung

Kooperationspartner

Fasten hält jung

In den letzten Jahren haben Wissenschaftler verschiedene Mechanismen erforscht, die dem Altern zugrunde liegen. Dabei zeigte sich, dass sich viele Alterserscheinungen durch unsere Lebensweise positiv beeinflussen lassen. Regelmäßiges Fasten kann hierbei wesentliche Effekte erzielen.

Fasten

Während des physiologischen Alterungsprozesses kommt es zu degenerativen Veränderungen an allen Geweben und Organen. Welche Mechanismen dem biologischen Altern zugrunde liegen, ist bislang jedoch nur in Teilen erforscht. Bekannt ist die hormonelle Komponente des Älterwerdens. Etwa ab 40 Jahren verringert sich die Produktion Gewebe verjüngender Hormone. Dazu zählen die Geschlechtshormone Östrogene, Gestagene und Testosteron sowie das Wachstumshormon STH aus der Hypophyse. Die Konzentration des Nebennierenhormons DHEA sinkt bereits ab dem 25. Lebensjahr. Die Hormone sind maßgeblich beteiligt an Gewebeerneuerung, Fettabbau und Muskelerhalt sowie an Leistungsfähigkeit, Ausdauer und Merkfähigkeit. Auch für Stressbelastbarkeit und Infektabwehr sowie für guten Schlaf und ausgeglichenes psychisches Befinden spielen sie eine Rolle. Hierfür sind gleichfalls die Hormone Serotonin und Melatonin verantwortlich, deren Produktion im Laufe der Jahre ebenfalls zurückgeht. Bei den Stresshormonen wie Adrenalin, Cortisol und Insulin wirkt sich dagegen ein Übermaß ungünstig auf den Alterungsprozess aus.

Einfluss auf Hormone

Nach einem anfänglichen Anstieg zu Beginn des Fastens sinken die Spiegel der Stresshormone im weiteren Verlauf deutlich ab. Die Bildung der erwähnten verjüngenden Hormone wie DHEA und Wachstumshormon STH steigt dagegen während des Fastens an. Die Produktion von STH wird durch Ghrelin stimuliert, einem Hormon, das im Magen durch Hunger gebildet wird. STH ist für den Proteinsparmechanismus verantwortlich und sorgt dafür, dass statt Muskelgewebe Fett abgebaut wird.

Fortwährende Entzündungsvorgänge führen ebenfalls zu vorzeitiger Alterung aller Zellen und Gewebe. Entzündungsfördernd sind neben freien Radikalen sogenannte AGE-Produkte (Advanced Glycation Endproducts). Das sind unlösliche Zucker-Eiweißverbin­dungen, die im Stoffwechsel ent­­stehen. Auch erhöhte Spiegel an NADH, einem Coenzym im Zellstoffwechsel, und hierdurch gebildete toxische Substanzen begünstigen Entzündungsvorgänge. Dabei laufen überaus komplizierte Vorgänge in unserem Stoffwechsel beziehungsweise in den Körperzellen ab.

Genreparatur gestört

Veränderungen im intrazellulären Stoffwechsel und der Signalüber­tragung führen beispielsweise dazu, dass sich auf molekularer Ebene mutierte Gen-Produkte (Proteine) anhäufen, da die Gen-Reparatur-Mechanismen unvollständig ablaufen. Dabei spielt das Verhältnis des oben erwähnten Coenzyms NAD zu NADH eine Rolle, das an einer Vielzahl von energieliefernden Redoxreaktionen im Organismus beteiligt ist. Durch eine Verminderung von NAD in Verbindung mit einem gestörten Glucose-/Insulin-Stoffwechsel – wie bei Übergewicht oder Diabetes – erfolgt die Bildung von Methylglyoxal. Diese hoch toxische Substanz geht mit Proteinen eine unlösliche Verbindung ein; es entstehen die oben genannten AGEs. Diese wiederum schädigen die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, wodurch vermehrt reaktive Sauerstoffradikale entstehen. Hierdurch ausgelöste Zellveränderungen begünstigen Entzündungen, beschleunigen Alterungsvorgänge und verkürzen die Lebenserwartung. Die beschriebenen Vorgänge sind normale Alterungsprozesse, die sich aber durch Stress, eine ungünstige Ernährungsweise, Bewegungsmangel oder Übergewicht noch verstärken. Auf all diese Parameter, die das Altern vorantreiben, wirkt sich Fasten positiv aus.

Viele Studien belegen, dass eine Einschränkung der Kalorienaufnahme die Lebensdauer verlängert und das Auftreten altersbedingter Erkrankungen verzögert. Dies lässt sich bei verschiedenen Spezies nachweisen, von Hefen über Würmer bis hin zu Säugetieren. Kalorienreduktion bedeutet entweder generell eine über Jahre um 20-30 Prozent verringerte Nahrungszufuhr oder aber intermittierendes, also vorübergehendes und wiederholtes Fasten. Letzteres heißt in Tierstudien, dass nur jeden zweiten Tag Futter verabreicht wird. Andere Untersucher arbeiten auch mit mehrtägigen Fastenphasen. Bei Untersuchungen an Menschen, welche in der Regel nach der Buchinger-Methode fasten, variiert die Fastendauer von einigen Tagen bis zu zwei oder mehr Wochen.

Untersuchungen an Tieren ergaben bei Kalorienrestriktion und bei intermittierendem Fasten, dass sich die oben genannten zellschädigenden Substanzen wie die AGEs verringerten und Mitochondrien ihre Aktivität steigerten. Im Vergleich zu ihren Artgenossen, die täglich eine kalorienreduzierte Kost erhielten, war der Zellschutz-Effekt bei intermittierend fastenden Tieren sogar noch ausgeprägter.

Sirtuine als Schlüssel?

Auf molekularer Ebene passiert dabei Folgendes: Durch zeitweises Fasten wird das Coenzym NAD regeneriert, was die Funktion und Aktivität der Mitochondrien verbessert. Hierbei aktivierte Gene (SIR) finden sich in Zellbestandteilen vieler Organe wie Leber, Pankreas, Nervengewebe oder Hoden und zwar bei allen oben genannten Organismen. Sie lösen die Produktion von bestimmten Enzymen aus, den Sirtuinen (SIRT 1-7). Diese wiederum fördern die Abspaltung von Acetylgruppen von Proteinen und sind damit wesentlich an der Regeneration und dem Überleben von Zellen und Erbgut beteiligt. Sie verbessern auch bei alternden Zellen die Abwehr- und DNA-Reparaturfunktion. Bei Bedarf schalten sie zudem ein Zelltod-Programm ein (Apoptose), um eine Tumorbildung zu verhindern.

Bei Stress verhindern Sirtuine dagegen eine stressbedingte unerwünschte Zellzerstörung. Zudem beeinflussen sie die Mobilisation von Fett aus dem Fettgewebe über die Hemmung des hormonalen Zellrezeptors PPARy. Dieser Rezeptor kommt in großen Mengen überwiegend im Fettgewebe vor und fördert die Vermehrung von Fettzellen: Er kann Vorläuferzellen von Muskel-, Bindegewebs- oder Leberzellen sozusagen umprogrammieren, um daraus Fettzellen herzustellen. Sirtuine beeinflussen auch den Glucoseumsatz und die Insulinsensitivität. Sirtuine erscheinen somit als mögliche Schlüsselenzyme, um das Altern aufzuhalten.

Versuche, die Bildung von Sirtuin chemisch zu stimulieren, waren bislang nur teilweise erfolgreich. Dazu gab es Untersuchungen mit der Einnahme von Resveratrol. Dieser sekundäre Pflanzenstoff wirkt antioxidativ und antientzündlich. Er besitzt zudem eine ganz besondere Eigenschaft: Er täuscht dem Körper eine eingeschränkte Kalorienzufuhr vor. Denn Resveratrol ist chemisch dem SIRT-1 sehr ähnlich, das die Fettverbrennung induziert und die Glucostoleranz und die Insulinsenitivität verbessert, wie eine französische Mäusestudie zeigte. Die Resveratrolzufuhr erzielte jedoch nicht an allen Zielorganen die gleiche positive Wirkung wie Fasten.

Weniger freie Radikale

Fasten reduziert also den oxidativen Stress, indem durch die beschriebenen komplizierten Vorgänge letztendlich die Bildung freier Radikale vermindert wird. Dabei erhöht sich die allgemeine Stressresistenz verschiedener Zellen und Organe, nachweisbar beispielsweise durch einen erhöhten Spiegel des zellschützenden Hitze-Schock-Proteins-70 (HSP-70) bei fastenden Tieren. Weitere positive Wirkungen der Nahrungspause sind eine Senkung des Blutdrucks, verbesserte Stoffwechselparameter wie Reduktion von Serumlipiden und Blutzucker sowie eine erhöhte Insulinsensitivität. Durch diese positiven Veränderungen im Stoffwechsel verringert sich bei regelmäßigem, beispielsweise jährlichem (je nach Spezies) Fasten die Häufigkeit von Diabetes und kardio-vaskulären Erkrankungen durch Arteriosklerose. Fasten schützt auch den Herzmuskel und seine Funktion. Studien konnten zudem nachweisen, dass Entzündungsparameter wie TNFa, IL-6 und Transkriptionsfaktoren wie NFkB während des Fastens rückläufig sind. Fastende Tiere entwickeln unter dem Einfluss krebsfördernder Substanzen außerdem weniger Tumore.

Auch auf den psychischen und neurologischen Bereich wirkt sich Fasten positiv aus. Kognitive Fähigkeiten verbessern sich und Depressionen werden gelindert, da mehr des Botenstoffs Serotonin verfügbar ist. Die Absenkung des Leptin-Spiegels während des Fastens geht ebenfalls mit einer Stimmungsaufhellung einher. Des Weiteren verbessert sich die Schlafqualität mit nachfolgend erhöhter Tageswachheit und Aufmerksamkeit. Fasten schützt zudem Hirn und Nervenbahnen vor schädigenden Einflüssen. Einige dieser Effekte sind auf eine vermehrte Produktion von BNDF (Brain Derived Neurotrophic Factor) zurückzuführen, einer im Hirn gebildeten Schutzsubstanz, welche allerdings nur bei temporärem Fasten ansteigt, nicht bei kontinuierlicher Kalorienreduktion. Sie verzögert im Tierversuch das Auftreten neurodegenerativer Erkrankungen wie Schlaganfall, Morbus Parkinson oder Alzheimer. Zudem wirkt BNDF positiv regulierend auf den Glucosestoffwechsel.

Fasten hält gesund

Zusammenfassend lässt sich eine Vielzahl positiver Langzeitwirkungen durch regelmäßiges Fasten belegen. Viele interessante Ergebnisse stammen aus tierexperimentellen Untersuchungen. Es bedarf sicher noch weiterer Forschung, um die krankheitsverzögernden und lebensverlängernden Effekte auch am Menschen sicher nachzuweisen. Anzunehmen ist jedoch, dass an höheren Säugetieren gewonnene Ergebnisse auch am Menschen zu erwarten sind, da wir über eine vergleichbare Gen- und Enzymausstattung verfügen. Es bleibt also spannend ...!


Quelle: Ritzmann-Widderich, M.: "Fasten hält jung" UGB-Forum 1/09, S. 39-41

© Foto: Godfer/Fotolia.com