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Schlank im Schlaf

Schlank im Schlaf? Morgens aufwachen und sich ein paar Pfunde leichter fühlen - wer hat davon nicht schon einmal geträumt? Tatsächlich haben Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Schlafdauer entdeckt: Wer wenig schläft, neigt zur Fülle.

In allen Industrienationen der Welt kämpfen immer mehr Menschen mit überflüssigen Pfunden. Besonders bei Kindern und Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren das Problem Übergewicht verschärft. Schon heute ist jedes sechste Kind in Deutschland zu dick. Nicht besser sieht es bei den Erwachsenen aus. Bereits jeder Zweite gilt als übergewichtig (BMI über 25), jeder Vierte bis Fünfte als adipös (BMI über 30). Hält der Trend an, sind nach Berechnungen der WHO bis zum Jahr 2015 mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit übergewichtig. Die Gründe für die Zunahme sind vielfältig: Eine familiäre Belastung, eine bestimmte ethnische Zugehörigkeit und ein niedriger sozialer Status gelten als Risikofaktoren für die Entstehung von Übergewicht im Kindes- und Jugendalter. Kommen eine überkalorische Fehlernährung und Bewegungsmangel hinzu, steigt das Gewicht. Seit einigen Jahren geraten zusätzliche Einflussfaktoren auf das Körpergewicht ins Visier der Forscher. So zeigte sich, dass auch chronischer Schlafmangel dick machen kann.

Hunger und Sättigung aus dem Takt

Wissenschaftler fanden einen klaren Zusammenhang zwischen dem Risiko zum Übergewicht und der Anzahl der in der Nacht geschlafenen Stunden. Je weniger nachts geschlafen wird, desto mehr Gewicht kommt auf die Waage. Erwachsene, die ihren Schlaf auf fünf oder weniger Stunden beschränken, sind um 50 Prozent mehr gefährdet, Fett anzusetzen, als diejenigen, die sieben bis neun Stunden pro Nacht in den Federn liegen. Wer sich nur sechs Stunden Schlaf gönnt, hat immer noch ein um 23 Prozent erhöhtes Risiko für Übergewicht. Auch bei Jüngeren sieht es ähnlich aus: Fünf- bis zehnjährige Schulkinder, die täglich weniger als zehn Stunden schlafen, haben eine 3,5-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit für Übergewicht als die Mitschüler, die ein Schlafpensum von mindestens zwölf Stunden haben.

Bloßer Zufall oder ursächlicher Zusammenhang?

Tatsächlich zeigte sich, dass die Appetitregulation bei Schlafentzug außer Takt gerät. Wer wenig schläft, unterdrückt die Produktion des körpereigenen Appetitzüglers Leptin (siehe Kasten). Stattdessen bildet der Organismus vermehrt das Hungerhormon Ghrelin (siehe Kasten), welches das Verlangen nach Essen ankurbelt. So liegt nach einem fünfstündigen Nachtschlaf der Blutspiegel des Appetitzüglers Leptin um 15,5 Prozent niedriger als nach einem achtstündigen Schlaf. Der Ghrelinspiegel ist dagegen bei den Kurzschläfern um knapp 15 Prozent höher als bei den Langschläfern. Kurzum: Je kürzer der Nachtschlaf, desto mehr Appetit und desto höher die Nahrungsaufnahme. Das Risiko für Übergewicht steigt.

Leptin macht satt

Leptin ist ein Hormon, das von den Fettzellen des Körpers gebildet und an das Blut abgegeben wird. Zielort ist der Hypothalamus des Zwischenhirns. Dort unterdrückt es die Ausschüttung von appetitanregenden Peptiden und stimuliert die Bildung von appetitzügelnden Botenstoffen. Dadurch vermittelt Leptin ein Sättigungsgefühl. Je größer die Fettzellen sind, desto mehr Leptin wird produziert. Hohe Blutspiegel an Leptin gehen daher mit einem hohen prozentualen Körperfettanteil und einem hohen Körpergewicht einher. Adipöse Menschen sind jedoch häufig von einer Leptin-Resistenz betroffen.


Neue Aspekte für die Beratung

Eine energiereduzierte, fettmoderate, stärke- und ballaststoffreiche Ernährung sowie regelmäßige Bewegung sind wichtige Säulen in der Prävention und der Behandlung von Übergewicht. Die an den Studien beteiligten Wissenschaftler fordern, auch den Aspekt ?ausreichender Schlaf? in die Beratung einfließen zu lassen. Sie verweisen auf die Tatsache, dass sich parallel zur weltweiten Verdoppelung der Zahl der Übergewichtigen zwischen 1960 und 2000 die durchschnittliche Schlafdauer pro Nacht um zwei Stunden verringert hat. Die Zahl der Jugendlichen, die weniger als sieben Stunden Nachtschlaf hält, stieg von 16 auf 37 Prozent. Auch in Deutschland schlafen die Menschen immer weniger. Gönnte man sich im Jahre 1919 noch durchschnittlich neun Stunden Nachtschlaf, so sind es heute nur noch etwa sieben Stunden. Hektik im Berufsalltag, Schichtdienst und das enorme Freizeitangebot verkürzen den Nachtschlaf. Besonders Fernsehen, Video- und Computerspiele sorgen bis in späte Stunden für Ablenkung. Fatal: Die dabei in großen Mengen unkontrolliert geknabberten Süßigkeiten und Snacks erhöhen das Risiko für Übergewicht noch zusätzlich.

Ghrelin macht hungrig

Als Gegenspieler von Leptin fungiert das hauptsächlich im Magen gebildete Ghrelin. Seine Wirkung entfaltet das Hormon an der Hypophyse und im Hypothalamus. Dort stimuliert es die Bildung von appetitanregenden Peptiden und signalisiert so dem Organismus Hunger. Niedrige Blutspiegel an Ghrelin zeigen sich zum Beispiel direkt nach der Nahrungsaufnahme, bei einem hohen Körpergewicht sowie hohem Körperfettanteil.


Wie viel Schlaf ist ausreichend?

Schlaf heißt Zeit der Regeneration. Reparaturvorgänge an Zellen und Geweben laufen nachts auf Hochtouren. Wachstumshormone, Abwehrmoleküle und andere Substanzen werden gebildet. Nerven und Gehirn regenerieren sich von den Reizen und Impulsen des Tages. Lang anhaltender Schlafmangel hat daher negative Folgen für die Gesundheit: Müdigkeit, Leistungs- und Konzentrationsschwäche, erhöhte Reizbarkeit, Unruhe bis hin zu Depressionen sowie erhöhte Infektanfälligkeit können Menschen mit Schlafstörungen belasten. Wie viel Schlaf braucht also der Mensch?

Fest steht: Das Schlafbedürfnis kennt keine Norm. Veranlagung, Alter, Geschlecht, Lebensumstände und Belastungsfaktoren bestimmen ganz individuell die Schlafdauer. Während Neugeborene im Durchschnitt 16 Stunden Schlaf pro Tag nötig haben, kommen manche Erwachsene mit sieben Stunden aus, andere brauchen dagegen neun. Neben einem Minimum von vier bis fünf Stunden Schlaf für Erwachsene gibt es keine allgemein gültige Empfehlung für die optimale Menge. Der Rat der Schlafforscher lautet: Jeder sollte für sich herausfinden, wie viel Schlaf ihm gut tut. Nicht die Anzahl der Stunden ist entscheidend, sondern ob man sich am nächsten Tag ausgeruht, fit und leistungsfähig fühlt. Klar ist auch: Wer abnehmen möchte, wird allein dadurch, dass er zum Langschläfer wird, keinen Erfolg haben. Andererseits ist ausreichender Schlaf aber durchaus ein Baustein auf dem Weg zum Normalgewicht.

Quelle: E. Lischka: UGB-Forum 1/2010, S. 35-37
Foto: Spauln/Fotolia.com