Hülsenfrüchte – Tausendsassa in der Vollwertküche

Es lohnt sich, im Reich der Hülsenfrüchte auf Entdeckungsreise zu gehen und sich auf die enorme Vielfalt an Farben, Formen, Konsistenzen und Geschmacksnoten einzulassen. Das Zubereiten ist einfacher als gedacht.

Bei der Zubereitung von getrockneten Erbsen, Bohnen und Linsen gibt es vier klassische Schritte: waschen, einweichen, weichkochen, nachquellen. Zeitsparend gelingt das, wenn Sie abends die harten Samen in drei- bis vierfacher Menge Wasser einweichen, während Morgentoilette und Frühstück köcheln diese und quellen tagsüber nach – auf der ausgeschalteten Herdplatte, unter der Bettdecke oder in der Kochkiste. Am Mittag oder später können Sie die gut ausgequollenen Samen direkt zu einem leckeren Gericht verarbeiten. 100 g Trockenware ergeben etwa 250 g Garprodukt.

Das Einweichen über 8-12 Stunden kann die erforderliche Garzeit halbieren und fördert die Bekömmlichkeit. Durch zweiminütiges Ankochen lässt sich das Vorquellen sogar auf eine Stunde reduzieren. Neben den schwerverdaulichen, blähenden Kohlenhydraten löst sich auch ein Teil der Mineralstoffe und Vitamine ins Einweichwasser. Personen, die zu Blähungen neigen, gießen es weg und garen die Hülsenfrüchte mit frischem Wasser. Die anderen nutzen das nährstoffreiche Einweichwasser zum Kochen. Nur die großen weißen Limabohnen und die dunkelgrünen Urdbohnen benötigen aufgrund ihres hohen Blausäuregehaltes frisches Kochwasser. Die prall gequollenen Hülsenfrüchte werden, knapp mit Flüssigkeit bedeckt, im geschlossenen Topf sanft geköchelt. Nach Belieben kochen weitere Zutaten mit, wie zerteilte Zwiebeln, Knoblauch, Nelken, Kardamomkapseln oder mediterrane Kräuter.

Perfekt Garen

Säure aus Essig, Zitrone, Wein und Tomate sowie Salz und salzhaltige Brühe werden erst zum Ende der Garzeit zugefügt. Salz behindert den Abbau von unerwünschten Inhaltsstoffen während des Garens. Säure und hartes Leitungswasser verhärten die Zellstrukturen und hemmen so das Weichwerden. Bohnen, Erbsen und Linsen sind gar, wenn sie sich leicht mit einer Gabel zerdrücken lassen. Das Nachquellen von mindestens einer Stunde steigert die Bekömmlichkeit.

Nun steht die Grundlage für allerlei Gerichte bereit. Belugalinsen und grüne Puy-Linsen sind als Salat in Honig-Senf-Vinaigrette ein Gedicht und mit Gemüse, Früchten und Reis prima für Pfannengerichte geeignet. Kichererbsen verwandeln sich mit Kokosmilch, Currypulver und Sesam in indische Currygerichte oder werden cremig zerdrückt zu Hummus und Falafel. Mit Öl und Gewürzen werden Kichererbsen in 45 Minuten bei 180 °C im Ofen zu einem knackig-nussigen Snack. Kidneybohnen gehören in feurige Chiligerichte oder ergeben einen würzigen leberwurstähnlichen Aufstrich, wenn sie mit Räuchertofu und Majoran püriert werden. Die mehlig kochende Cannellinibohne ist für die italienische Minestrone perfekt.

Knackige Keimlinge

Gekeimte Hülsenfrüchte sind besonders bekömmlich, da ein Großteil der schwerverdaulichen Kohlenhydrate durch den Keimvorgang abgebaut wird. Beim Selberziehen ist darauf zu achten, die Keimlinge zweimal täglich durchzuspülen und gut abtropfen zu lassen, damit Bakterien und Schimmelpilze nicht wachsen können. Fast alle Hülsenfruchtkeimlinge müssen vor dem Verzehr kurz erhitzt werden, um gesundheitsschädliche Hämagglutinine zu hemmen. In Suppen, Eintöpfen und Pfannengerichten reicht es, die Keimlinge in den letzten fünf bis zehn Garminuten mitziehen zu lassen. Wenn man sie in Salaten verwenden möchte, sollten sie für zwei Minuten blanchiert oder gedämpft werden. Lediglich geringe Mengen von Linsen- und Mungbohnenkeimlingen (nicht verwechseln mit Mungobohnen!) eignen sich zum Rohverzehr, sofern sie aus hygienischen Gründen sorgfältig mit heißem Wasser gespült wurden.

Hülsenfruchtmehle nutzen

Im Handel sind Mehle aus Kichererbsen, Sojabohnen, weißen Bohnen, gelben und roten Linsen, gelben und grünen Erbsen und Lupinen erhältlich – zum Teil auch in gerösteter Form. Ganze Hülsenfrüchte lassen sich zudem in der Getreidemühle oder im leistungsstarken Mixer zu Schrot oder Mehl verarbeiten. Dank ihrer feinen Konsistenz und den sehr guten Bindeeigenschaften eignen sie sich sowohl zur Teigherstellung von Brot, Kuchen, Muffins, Pizza und Nudeln als auch zum Binden von Soßen, Suppen, Aufstrichen und Puffern. 30-40 Gramm Mehl binden einen halben Liter Flüssigkeit zu einer sämigen Konsistenz, 50 Gramm erzeugen eine streichfähige Paste.

Für Brot und Backwaren kann maximal ein Drittel des Getreidemehls durch Hülsenfruchtmehl ersetzt werden. Für Rühr- und Mürbeteige lässt es sich auch solo verwenden. Grundsätzlich erleichtert es die Teigbereitung, alle trockenen Backzutaten miteinander zu vermischen, bevor alles nach und nach in die Flüssigkeit eingerührt wird. Eine Quellzeit von zehn Minuten des recht feuchten Hülsenfruchtteiges verbessert nicht nur die Backeigenschaft, sondern auch die Bekömmlichkeit. Durch langes Backen bei eher niedriger Temperatur bis 150 °C wird die Bindekraft erhöht.

Sojamehl ist aufgrund seiner besonders guten Bindefähigkeit und emulgierenden Eigenschaft als veganer Ei-Ersatz bekannt: Ein Esslöffel Mehl mit zwei Esslöffeln Wasser vermischt, ersetzen ein Ei. Der Austausch funktioniert ebenso gut mit Kichererbsen- und Lupinenmehl und bietet geschmacklich eine Alternative. Wichtig ist das klumpenfreie Anrühren. Der ebenfalls aus Sojabohnen hergestellte cremige Seidentofu eignet sich hingegen zur Bindung von Cremes und Füllungen, wobei etwa 50 Gramm gerührter Seidentofu ein Ei ersetzen.

Die Bekömmlichkeit steigern Sie, wenn Sie zum Würzen Kreuzkümmel, Koriander, Anis, Fenchel, Kümmel, Thymian, Rosmarin, Majoran, Oregano, Chili, Paprika, Curry, Ingwer oder Kurkuma einsetzen. Die Vielseitigkeit an möglichen Hülsenfruchtgerichten versprüht einen faszinierenden Charme und lädt zum Experimentieren ein. Wohl bekomm‘s!

Elke Männle, UGBforum 2/19

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